Als mein Mikroskopiebuch „Mikroskopie für Anfänger und Fortgeschrittene“ fertiggestellt war (hier zu lesen) ging es nun an die Veröffentlichung.
Mein ursprünglicher Plan war, das Buch in einem Books-on-Demand-Verlag zu veröffentlichen. Ein Books-on-Demand-Verlag ist ein Verlag, der nicht im Vorfeld eine gewisse Auflage des Buches drucken lässt und sich auf Lager legt, sondern wo das Buch nur elektronisch auf dem Server dieses Verlages liegt. Bei jeder Bestellung eins einzelnen Exemplars wird dieses mit Hilfe moderner Drucktechnik individuell produziert und versandt.
Am Freitag dem 30. August 2002 nahm ich telefonischen Kontakt mit einem Books-on-Demand-Verlag auf, den ich mir vorher im Internet ausgesucht hatte. Ich wollte die Konditionen erfragen und ein weiteres Vorgehen besprechen.
Allerdings gefielen mir die angebotenen Konditionen ganz und gar nicht. Man teilte mir mit, dass bei einem Verkaufspreis von 29,95 € mir als Autor für jedes verkaufte Exemplar meines Buches 1,50 € gutgeschrieben würden.
Nach dem Gespräch war ich also entsprechend desillusioniert bezüglich der zu erwartenden Konditionen und ärgerte mich am Wochenende dermaßen darüber, dass ich mir überlegten die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Schließlich hatte ich im Alleingang
- die Recherchen gemacht,
- den Text des Buches geschrieben,
- die für die Bebilderung notwendigen Präparate hergestellt,
- einen speziellen Adapter für den Anschluss der damals mit 3,3 Megapixeln herausragenden Nikon Coolpix 990 entwickelt,
- alle Fotos gemacht,
- alle Bilder nachbearbeitet,
- alle Skizzen und technischen Zeichnungen im vektororientierten Format erstellt,
- festgestellt, dass Word keine Software ist, um Bücher zu schreiben,
- eine große Anzahl von Freunden und Bekannten als Lektoren verpflichtet,
- mich mit dem professionellen Satz und Layoutprogramm LaTeX auseinandergesetzt, die Befehle der sehr umfangreichen Seitenbeschreibungssprache TeX, gelernt,
- Satz und Layout des Buches erstellt
- das Cover design festgelegt und umgesetzt
Ich fasste den Entschluss, dass wenn ich vorher schon so viel getan hatte, ich auch noch den allerletzten Schritt selber tun könne – die Gründung des eigenen Verlages.
- Am Montag, dem 2. September 2002 nahm ich mir einen Tag Urlaub und verbrachte einen produktiven und arbeitsreichen Tag, an dem ich
- mir beim Ordnungsamt den Gewerbeschein holte
- meinen Verlag gründete
- mich der Buchhändlervereinigung anschloss
- mir für meinen Verlag ISBN-Nummern zuweisen ließ
- im Internet eine Software suchte, die den Barcode der ISBN-Nummern generierte
- den so generierten Barcode in mein schon vorgefertigtes Cover-Design einfügte
- mir im nichteuropäischen Ausland (Polen war damals noch nicht in der EU) eine Druckerei heraussuchte, die mein Buch drucken sollte
- aus dem Buch und dem Cover eine umfangreiche, hochauflösende PDF-Datei erstellte
- und schließlich diese zu dem Server der Druckerei übertrug (damals mit einer ISDN-Leitung und sehr begrenzter Uploadgeschwindigkeit, war das noch etwas zeitaufwendiger)
Aufgrund der Tatsache, dass ich den Nikon Coolpix 990 Adapter für die Mikrofotografie entwickelt hatte, wurde ich als Referent auf die Internationalen Mikroskopietage in Hagen eingeladen, um über das Thema ‚Digitale Mikrofotografie‘ einen Vortrag zu halten. Im Vorfeld hatte ich bereits in der Zeitschrift ‚Mikrokosmos‘ einen Artikel, inklusive Bauanleitung, zu meinem Nikon Coolpix 990 Adapter veröffentlicht. Im Anschluss dessen hatten mindestens 3 Firmen gemäß meiner veröffentlichten Bauanleitung diesen Adapter produziert und vertrieben, sodass dieser zeitweilig die universelle Standardlösung für die digitale Mikrofotografie bei Forschungseinrichtungen, Universitäten und Laboratorien wurde.
Da der Veranstalter der ‚Internationalen Mikroskopietage‘ gehört hatte, dass ich beabsichtigte, ein Mikroskopiebuch zu veröffentlichen, unterstütze er mein Vorhaben. Er versprach mir, dass wenn ich vor den Internationalen Mikroskopietagen mit der Veröffentlichung meines Buches fertig sein sollte, bereits die gedruckten Exemplare zur Verfügung hätte und ich auf den Internationalen Mikroskopietagen die Weltpremiere Buches veranstalten würde sowie dort eine Signierstunde abhalten würde, dass ich dann kostenfrei einen Standplatz auf der dort stattfindenden Messe bekommen könne.
Glücklicherweise lief alles nach Zeitplan, sodass ich tatsächlich bereits am ersten Tag meiner Veröffentlichung auf den Internationalen Mikroskopietagen ca. 50-60 Exemplare verkaufen konnte. Gleichzeitig hatte dieses Event auch eine Signalwirkung, sodass ich später auch viele Bestellungen aus dem Ausland erhielt. Letztendlich ist die Auflage meines Buches in insgesamt 13 Länder verkauft worden.
Ich hatte sogar eine Buchanfrage aus Lateinamerika bekommen, allerdings war ich nicht in der Lage diese auszuführen, da der Preis des Buchversandes exorbitant teuer war und der Kunde nur mit einer amerikanischen Kreditkarte hätte zahlen können. Eine solche Zahlung hätte ich allerdings nicht vereinnahmen können.
Zwischenzeitlich hatte ich weitere Aktivitäten unternommen, um das Buch vermarkten zu können.
Einerseits hatte ich die Domain ‚hillenkampverlag.de‘ registriert und dort die Vorläuferversion dieser Webseite aufgebaut, andererseits hatte ich auch einen sehr umfangreiches, PHP-basierendes Shopsystem aufgebaut, indem man dieses Buch käuflich erwerben konnte.
Für die automatisierte Abwicklung der Bestellungen hatte ich mit einer Access-Datenbank und selbstgeschriebenen VBA-Skripten ein komplettes Warenwirtschaftssystem aufgebaut, welches von der Bestellung per Mail bis zum Drucken der Etiketten für den Versand, inklusive der Benachrichtigung über den aktuellen Stand an die Kunden, alles erledigte. Dieses System musste auch mit 6 verschiedenen Steuerfällen umgehen können:
- Versand an Privatpersonen innerhalb von Deutschland
- Versand an den Buchhandel innerhalb von Deutschland
- Versand an Privatpersonen innerhalb der EU
- Versand an Buchhandel innerhalb der EU
- Versand Privatpersonen außerhalb der EU
- Versand an den Buchhandel außerhalb der EU
Alles in allem war das ein sehr interessantes, allerdings auch zeitaufwendiges Projekt, obwohl ich meine Zielgruppe verfehlt hatte.
Ursprünglich hatte ich das Buch für Personen geschrieben, die hobbymäßig mikroskopieren. Gekauft wurde das Buch allerdings bis auf weniger als 5 Personen aus der ursprünglichen Zielgruppe, von Professoren, Wissenschaftlern, Biologen und sonstigen Personen, die sich professionell mit der Mikroskopie beschäftigten.
Es freut mich, dass ich mit meinem Buch die damals entstandene Lücke schließen konnte, nachdem zeitgleich im Jahre 2001 alle Verlage ihr Buchsortiment bereinigt hatten, sodass keine Einführungsbücher zur Mikroskopie in deutscher Sprache mehr zur Verfügung standen. Mittlerweile kann ich erfreut feststellen, dass doch einige Mikroskopiebücher wieder angeboten werden. Der Kosmos Verlag war damals der Erste, der nach meiner Veröffentlichung erneut ein Buch auf den Markt gebracht hatte. Es war die damalige Auflage des Buchs ‚Das große Kosmos-Buch der Mikroskopie‘. Das beschäftigen mit dem Thema Mikroskopie ist doch zu interessant, als dass es daran scheitern sollte, dass entsprechende Fachliteratur nicht zur Verfügung steht.
Ich kann tatsächlich jedem empfehlen, in die faszinierende Welt des Kleinen einzutauchen und eigene mikroskopische Untersuchungen an Objekten der Alltagswelt durchzuführen. Man wird überrascht sein viel Unbekanntes man in der Mikrowelt entdecken kann.